Agile Arbeitsmethoden: Definition, Vorteile, Umsetzen [KMU Praxisratgeber]
Agilität im Mittelstand: Gesunder Menschenverstand reloaded. Worauf es wirklich ankommt. Mit anpassbarer gratis Checkliste
"Agilität": Hype, Buzzword oder der heilige Gral für moderne Arbeit? Auch im Mittelstand ist der Begriff quer durch alle Branchen präsent. Meist verbunden mit der Hoffnung, schneller, dynamischer und innovativer zu werden. Kurz: Agilität soll helfen, auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein.
In einer Studie der IUBH Hochschule gaben über 75 % der befragten KMU an, bereits eine agile Strategie zu verfolgen. Was immer das heissen mag.
Die Krux dabei ist: Während mehr als die Hälfte der Chefs glaubten, ein agiles Unternehmen zu führen, hielten nur sieben Prozent der Mitarbeitenden ihr Unternehmen für agil. Ein riesiger Unterschied in der Wahrnehmung oder/und in der Frage, was man überhaupt unter "Agilität" versteht. Hier lauert Gefahr: Denn wenn es schon beim grundsätzlichen Verständnis so eine Diskrepanz gibt, sind Probleme vorprogrammiert.
In diesem Artikel lesen Sie, was sich hinter "agilem Arbeiten" verbirgt, welche Haltung dafür als Basis vorhanden sein muss, welche Methoden sich wofür eignen und welche Potentiale hier gerade für den Mittelstand liegen. Plus: Eine Vorlage / Checkliste mit 21 wichtigen Faktoren, so dass agiles Arbeiten gelingt.
Wir leben in einer Zeit stetiger Veränderungen, deren Tempo immer schneller wird: Beim Telefon dauerte es noch 75 Jahre, bevor eine neue Technik die breiten Massen erreichte. Beim Mobiltelefon waren es zwölf Jahre. Und bei KI nur noch drei Jahre, bevor diese Marke erreicht war.
Die Fähigkeit, im Wandel schnell zu reagieren und zu agieren, wird also immer mehr zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Denn eine aufwendige Gesamtanalyse des Marktes und eine darauf basierende langfristige Unternehmensplanung sind oft schon veraltet, bevor sie fertig sind.
Deshalb erkennen immer mehr Unternehmen vor allem im Mittelstand: Wir sollten nicht versuchen zu planen, was nicht planbar ist: Sondern Schritte gehen, die jetzt sinnvoll erscheinen und Fähigkeiten entwickeln, schneller mit Veränderungen umzugehen und sie zu nutzen.
Was agiles Arbeiten bedeutet: Der Ursprung, das Warum, Definitionen
Geboren von 17 Softwaretüftlern in einer Skihütte: Das agile Manifest
17 Softwarentwickler trafen sich im Winter 2001 in einer Berghütte in Colorado. Nicht nur zum Skifahren, sondern auch, um über besseres Arbeiten nachdenken. Denn sie kamen oft mit den althergebrachten Methoden des Projektmanagements nicht zu guten Ergebnissen.
Am Ende dieser Auszeit hatten sie ein Ergebnis produziert, was der Startschuss für die agile Bewegung wurde und die Arbeitswelt nachhaltig prägen sollte: Das agile Manifest.
Das agile Manifest sind im Kern vier Leitsätze, die grundsätzliche Haltungen formulieren. Diese Leitsätze bilden das Gerüst für einen Handlungsrahmen, der in zwölf Prinzipien weiter konkretisiert wird. Im Kern geht es darum geht, wie Teams ihre Arbeit eigenverantwortlich und selbstorganisiert gestalten können.
Das Manifest in der Ur-formulierung:
Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun
und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:
- Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge
- Funktionierende Software mehr als umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung
- Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans
Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden,
schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.
Definitionen: Wie "Agiles Arbeiten" heute verstanden wird
Aus dem agilen Manifest für Softwaretüftler wurde schnell ein ganzheitlicher Ansatz für moderne Arbeit. Universell, über Branchengrenzen und Organisationsformen hinweg. Aber was heisst nun eigentlich "agil"? Der Duden sagt: agil steht für "beweglich", "regsam", "wendig".
Wikipedia Definition: Agilität (von lateinisch agilitas „Beweglichkeit“) ist ein Merkmal des Managements einer Organisation (Wirtschaftsunternehmen, Non-Profit-Organisation oder Behörde), flexibel und darüber hinaus proaktiv, antizipativ und initiativ zu agieren, um notwendige Veränderungen einzuführen.
Gabler Wirtschaftslexikon Definition: Agilität ist die Gewandtheit, Wendigkeit oder Beweglichkeit von Organisationen und Personen bzw. in Strukturen und Prozessen. Man reagiert flexibel auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen. Man ist, etwa in Bezug auf Veränderungen, nicht nur reaktiv, sondern auch proaktiv.
Grundprinzip agiler Arbeitsmethoden: Zyklen mit Iterationen statt linearer Arbeit
Agiles Arbeiten verläuft inkrementell / iterativ. Das bedeutet: In wiederkehrenden, kurzen Schleifen (Iterationen, Zyklen, Sprints) werden Ergebnisse fertiggestellt, überprüft und auf Basis dieser Erkenntnisse folgt der nächste Zyklus. Die Iterationen werden nicht wie im klassischen ("Wasserfall"-) Projektmanagement im Vorhinein bis ins kleinste Detail geplant. Stattdessen bauen sie auf den Erkenntnissen der vorangegangenen Iteration auf. Die Organisation wird so zum lernenden System.
Agilität: Mehr als eine Methode, sondern Denkweise und Schlüsselkompetenz
Im Businesskontext wird Agilität oft mit Methoden und Arbeitsformen wie Scrum, Kanban, Design Thinking oder Lean gleichgesetzt. Das springt allerdings zu kurz, denn so modern und innovativ es klingen mag: Diese Methoden allein machen kein Unternehmen agiler. Denn isoliert angewendete Techniken und Methoden führen nicht zum Erfolg.
Typische Beispiele sind Überlegungen á la: "Wir schaffen uns jetzt ein CRM System an, dann haben wir eine super professionelle Vertriebssteuerung". Auch hier gilt: Die kundenorientierte Haltung und der Wille zu transparenter Zusammenarbeit müssen als Basis erst verankert sein, bevor solche Werkzeuge und Methoden ihre Vorteile entfalten können. Oft ist es leider andersherum: Man fängt mit Tools an und vergisst das Fundament.
Auch Agilität ist mehr als eine Methodensammlung: Sondern eine Art des Denkens, Handelns und des zusammen Arbeitens. Und solche grundlegenden Kulturfragen sind Entwicklungs- und Handlungsprozesse, die bewusst gesteuert und aktiv begleitet werden müssen.
Wenn das gelingt, haben agile Organisationen Vorteile: In einer Zeit des stetigen Wandels, schneller Veränderungen und zunehmender Krisen können sie sich an veränderte Marktsituationen schneller und besser anpassen. Den Flexibilität gewinnt: In Bezug auf Produkte, Prozesse, Kompetenzen oder sogar ganzer Geschäftsmodelle. Und der Mittelstand hat hier Vorteile gegenüber den "Großen".
Agiles Mindset: Eine Haltung für mehr Zuversicht und Resilienz
Das Mindset – also eine Denkweise, Einstellung, Mentalität, Haltung oder Weltanschauung – steuert, wie wir denken, fühlen und uns verhalten. Es entscheidet darüber, was wir als Herausforderung, Probleme oder gar Bedrohungen wahrnehmen und welche Möglichkeiten wir sehen, diese zu bewältigen. Ein agiles Mindset bleibt eher beweglich, lernt aus Erfahrungen und passt sich an aktuelle Bedingungen an. Menschen mit diesem Mindset fällt es leichter, auch in schwierigen und Krisenzeiten zuversichtlich zu bleiben. Das fällt natürlich umso leichter, je eher die Umgebung uns Vertrauen vermittelt. Als Kind kommt es auf die Eltern an, später auf Partner, Freunde und natürlich im Beruf die Vorgesetzten.
Forscher sagen: Es kommt oft weniger auf Talent oder eine überdurchschnittliche Begabung an, sondern das richtige Mindset. Unser Erfolg im Leben hängt im Wesentlichen von unserer Bereitschaft ab, zu üben, dazuzulernen und uns weiterzuentwickeln. Das gilt im Spitzensport, in der Musik und auch im Beruf.
Grundsätzlich sind wir Gewohnheitstiere. Fast jede Veränderung bewerten wir deshalb instinktiv als unangenehm. Resiliente Menschen haben aber gelernt, dass sie nicht jeder Lebenssturm umwirft und man manche Welle einfach reiten muss, statt sich dagegenzustemmen. Sie können Stress, unangenehme Situationen und Gefühle aushalten und sich dennoch eine positive Grundhaltung bewahren.
Drei entscheidende Ebenen: Kultur, Menschen, Werkzeug
Damit Agilität gelingt, brauchen Menschen und Organisationen Handlungsräume auf 3 Ebenen:
Kultur / Haltung
Team / Führung
Methodik / Werkzeuge
Chancen für den Mittelstand mit agilen Arbsitsmethoden in Zeiten des Wandels
KMU haben gegenüber Konzern-Dickschiffen unschlagbare Vorteile, wenn es um Schnelligkeit und Changeprozesse geht: Kürzere Wege, flachere Hierarchien und schnellere Entscheidungsprozesse und meist eine besonders hohe Identifikation der Mitarbeitenden. Alles wichtige Voraussetzungen, um agile Haltungen und Kompetenzen aufzubauen.
Demgegenüber stehen oft knappe Ressourcen, eine hohe Abhängigkeit von einzelnen Personen und fehlende Erfahrungen / Methodenkompetenzen in Bezug auf die agile Transformation.
Viele KMU holen sich deshalb gerade zu Beginn eine erfahrene externe Begleitung ins Boot, die mit neutralem Blick und Kenntnis der typischen Umsetzungshürden die Lernkurve deutlich verkürzen kann.
Meine Erfahrung: Das geht am besten ohne lange theoretische Einführung zu agilen Methoden im Generellen, sondern konkret an einem echten Thema, was gerade gelöst werden soll.
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Agile Arbeitsmethoden: Scrum, Kanban, Design Thinking und Co.
Die Methoden des agilen Arbeitens verbindet eine inkrementelle / iterative Vorgehensweise. Das bedeutet: In wiederkehrenden, kurzen Schleifen (Iterationen, Zyklen, Sprints) werden Ergebnisse fertiggestellt, überprüft und auf Basis dieser Erkenntnisse folgt der nächste Zyklus. Die Iterationen werden nicht wie im klassischen ("Wasserfall"-) Projektmanagement im Vorhinein bis ins kleinste Detail geplant. Stattdessen bauen sie auf den Erkenntnissen der vorangegangenen Iteration auf.
Die häufigsten agilen Methoden in der Kurzvorstellung:
Methode "Scrum": Strukturierte Iterationszyklen mit klaren Rollen
Scrum ist wohl die bekannteste agile (Projektmanagement-)Methode. Es gibt hier keine Projektleitung mehr, welche die Aufgaben an die Teammitglieder verteilt. Zudem hat Scrum keine klassischen Projektphasen, sondern sogenannte „Sprints“: Durchläufe von meist 2-4 Wochen. Ziel ist es, am Ende eines jeden Sprints ein potenziell lieferbares Produkt zu haben, welches mit Anzahl der Sprints immer weiter ausreift bis es fertiggestellt ist. Scrum kennt drei Rollen: Der Product Owner (stellt die fachlichen Anforderungen an das Projekt), den Scrum Master (ist dafür verantwortlich, dass der Scrumprozess eingehalten wird) und das Development Team, das für die Umsetzung bzw. Entwicklung verantwortlich ist.
Bei Scrum bekommt nicht jede/r eine feste Aufgabe zugewiesen, sondern jedes Teammitglied sucht sich (innerhalb eines gewissen Rahmens) die Aufgabe heraus, welcher man sich am meisten gewachsen fühlt. Dabei sind alle gleichberechtigt und jede/r übernimmt die Verantwortung für die selbst gewählte Aufgabe.
Methode "Kanban": Mit flexiblen Boards Aufgaben und Projekte managen
Meist wird Scrum mit dem Kanban-Prinzip (welches aber auch für sich allein genutzt werden kann) verknüpft. Dieses Prinzip beinhaltet kleinere Annäherungsschritte bzw. Aufgabenpakete, um ein Gesamtziel zu erreichen. Kanban stammt aus der sogenannten Lean Production (Lagerbestände minimieren, Kosten sparen, Produktion flexibilisieren). Zusätzlich nutzt es Kaizen als Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung. Heute wird Kanban universell als einfach umsetzbare agile Methode genutzt, z.B. für Prjetek aller Art, Meetingdokumentation, im Marketing oder zum Managen von OKR (Objectives & Key Results).
In der praktischen Umsetzung nutzt man ein (physisches oder digitales) Kanban-Board. Hier werden der Status von Aufgaben (z.b. "Neu", "in Arbeit", "Fertig") ebenso wie Verantwortungen und Termine transparent für alle transparent festgehalten und kontinuierlich nachgehalten.
Methode "Co-Creation": Einbeziehen externer Staholder
Co-Creation ist ein innovativer Ansatz, bei dem das Einbeziehen von Kunden oder/und anderen Stakeholdern von zentraler Bedeutung ist. Typische Einsatzgebiete sind das Innovationsmanagment oder der Aufbau von know-how durch "sharing" über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus. Das Einbinden externer Perspektiven und Erfahrungen vermeidet den internen Tunnelblick, kann Lernkurven drastisch verkürzen und schafft eine sehr tief gehende Beziehungsebene zu Kunden und Partnern. Mögliche Methoden der Co-Creation sind Customer Driver Innovation, Fokusgruppen, spezielle Workshopformate und auch Mastermind Gruppen.
Methode "Lean Startup": Schnell vom Markt lernen
Dieser Ansatz ist aus der Gründerbranche des Silicon Valley entsprungen. "Lean" meint hier: Reduzierter Aufwand und abgespeckte Entwicklungsprozesse - ggf. auch hier unter Einbeziehung externer Stakeholder. In jedem Fall ist das Vorgehen interaktiv und experimentell: Das Entwicklungsteam sammelt viele (Produkt-)ideen, die nicht lange geplant, sondern schnell zu Testprodukten bzw. Beta-Versionen umgesetzt werden.
Diese "Minimum Viable Products" (MVP) werden dann schnell an den Markt gebracht, um die Resonanz zu beobachten. Die erfolgreichsten Versionen werden so identifiziert und weiterentwickelt, Feedbacks werden eingearbeitet. Auch für das Priorisieren möglicher Features oder Erweiterungen funktioniert "Lean" in Verbindung mit MVP gut. Der verkürzte Entwicklungszyklus spiegelt sich auch in geringeren Kosten wieder.
Methode "Design Thinking": Vom (Kunden-) Ende her denken
Dieser Ansatz stellt den Menschen (meist: Kunden/Innen) und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt und bewusst nicht die Lösung oder die Komplexität des späteren Produkts. Man denkt so Produkte, Dienstleistungen oder ggf. sogar Geschäftsmodelle neu. In jedem Fall heisst es: Über den eigenen Horizont hinaus aus der Nutzerperspektive Ideen entwickeln und dabei die kollaborative Kreativität fördern. Obwohl der Design Thinking-Prozess kreativ und unkonventionell ausgelegt ist, müssen immer diese sechs Schritte beachtet werden: 1. Verstehen -> 2. Beobachten -> 3. Synthese -> 4. Ideen -> 5. Prototyping -> 6. Testen.
Methode "LEGO® Serious Play": Spielen 2.0
Die LSP Methode basiert auf der These, dass Kreativität und Innovation durch haptisches Arbeiten gefördert wird. Durch das gemeinsame Modellieren mit Lego®-Steinen wird die Idee „Mit Händen denken“ umgesetzt. Das die Hand-Gehirn-Verbindung im Vergleich zu anderen Körperregionen besonders stark ausgeprägt ist, erklärt, warum haptisches Arbeiten so viele Hirnregionen anspricht.
Lieber "klassisch" oder agil"? Wenn welche Methode?
Die universelle Weltformel dafür gibt es natürlich nicht, meine auf vielen Mentorings und Projekten beruhende Erfahrung sagt: "Es kommt darauf an". Es führt meist schon weiter, sich am Anfang diese Fragen zu stellen und ohne internen Bias (hierfür ist eine erfahrene, neutrale Moderation mit geeigneter Methodik oft hilfreich) zu beantworten:
- Haben wir schon wirklich geklärt, welche Ziele und Ergebnisse wir erreichen und verfolgen wollen?
- Haben wir bereits gute Erfahrungen damit gemacht, eine Aufgabe so oder anders zu lösen?
- Welche Methodenkompetenzen haben wir in der einen oder anderen Richtung - und welche nicht?
- Sind die Anforderungen und Umsetzungswege eher klar oder unklar? Siehe dazu die Stacy Matrix:
Agiles Arbeiten in der Praxis: Tools und Software sind (un)wichtig
Die gute Nachricht: Sie brauchen gerade zu Beginn keine komplexe oder spezielle agile Software. Im Gegenteil: Die agile Arbeitsweise ist vor allem eine Frage von Kultur, Haltung, Führung und Prinzipien. Führungskräfte, Meetings, know-how Transfer: All das transportiert diese Grundlagen erlebbar und direkt.
In der KMU Praxis beobachte ich viel häufiger, dass diese Basics nicht sauber geklärt sind. Man schafft sich erstmal eine Software an und wundert/ärgert sich danach, dass die Ergebnisse bescheiden bleiben. Kein Wunder: Den Mitarbeitenden fehlt dann beim nächsten Versuch der Elan und Vertrauen geht verloren.
Und wenn es beim Umsetzen um geeignete Werkzeuge geht: Schauen Sie zuerst, welche Tools Sie schon im Unternehmen zu Projektmanagement, Aufgabenmanagement. Zielverfolgung & Co. einsetzen. Zum Beispiel mit flexiblen Kanbanboards wie "MeisterTask", den weit vereiteten "Trello" oder "Notion" Tools, aber auch mit dem guten alten Excel können Sie einfach starten. So können Sie schnell erste Erfahrungen sammeln. Aufbohren kann man immer noch.
Ähnliches gilt für das Citizen Development (siehe nächster Abschnitt): Dort gibt es von jedem Anbieter kostenlose Testphasen, um die Eignung für Ihre Zwecke an realen Aufgabenbeispielen zu überprüfen. Und auch hier steht am Anfang der Klärungsprozess, den Sie am besten anbieterneutral starten.
Agiler Trend "Citizen Development": Eigene Teams als IT Entwicklungsressourcen mit einbeziehen
Für die digitiale Transformation braucht es IT-Ressourcen, aber zunächst das Verständnis aus Business-Sicht: "Warum und wie machen wir das eigentlich?" Hier soll Citizen Development helfen: Es geht darum, in verschiedenen Einsatzbereichen Mitarbeitende ohne formelle IT- oder Programmierausbildung in die Lage zu versetzen, selbst softwarebasierte Lösungen (mit) zu entwickeln. Und so auch den Flickenteppich aus -zig Excel-Listen und IT-Inselanwendungen kleiner zu machen.
Citizen Development kann in verschiedenen Abteilungen und Funktionen eines Unternehmens zum Einsatz kommen, soll die IT-Abteilung entlasten und es einem Geschäftsbereich ermöglichen, die eigenen Anwendungen zu erstellen. Der Vorteil: Die Mitarbeitenden wissen am besten, was das Business braucht.
Sogenannte "Low Code" oder "No Code" Baukästen sollen dabei helfen, die Anwendungen einfacher zu erstellen. Einem Gartner-Bericht zufolge haben 61 % der US-Unternehmen entweder schon aktive Citizen Development-Initiativen installiert oder planen diese zumindest. Mögliche Einsatzbereiche sind:
- Prozessautomatisierung / Dokumentation
- Datenvisualisierung und Berichterstellung
- Kundenbeziehungsmanagement (CRM)
- Inventar- und Ressourcenmanagement
- E-Learning und Schulungen
- Projektmanagement
- Compliance und Qualitätssicherung
- Personalmanagement
- Kundensupport und Helpdesk
- Marketingprozesse und -kampagnen
Citizen Development Tools / Plattformen
Citizen Developement Tools bieten (mehr oder weniger) benutzerfreundliche Oberflächen, Drag-and-Drop-Funktionalitäten und visuelles Modellieren, um die Entwicklung von Anwendungen zu vereinfachen. Sie ermöglichen es Mitarbeitenden aus verschiedenen Abteilungen, ihre spezifischen Anforderungen ohne umfassende Programmierkenntnisse umzusetzen. Beispiele sind:
Microsoft Power Platform
Die Platform hat 3 Komponenten: Power Apps für die Anwendungsentwicklung, Power Automate für die Automatisierung von Workflows und Power BI für die Datenvisualisierung und Business Intelligence. So können UserInnen ohne tiefere Programmierkenntnisse benutzerdefinierte Anwendungen erstellen, Prozesse automatisieren und Daten aussagekräftig visualisieren.
OutSystems
OutSystems ist eine Low-Code-Plattform, die die schnelle Entwicklung von Unternehmensanwendungen und Mobillösungen ermöglicht. Mit einer visuellen Entwicklungsumgebung und vorgefertigten Bausteinen können Anwendungen mit reduziertem Programmieraufwand erstellt werden.
smapOne
smapOne bietet einen visuellen Drag-and-drop Editor, um benutzerdefinierte Apps selbst zu erstellen, die man an einen definierten Nutzerkreis ausspielt. Die Möglichkeiten sind umfangreich, wobei es eine gewisse Routine erfordert, die korrekte Syntax sicherzustellen. Schnittstellen und API erlauben die Verbindung mit anderen Systemen.
cplace
cplace ermöglicht Anwendern, Lösungen schnell zu entwickeln und Live-Änderungen für alle Nutzer sofort erlebbar zu machen. Die Plattform ist modular konzipiert und je nach Bedarf als No-Code, Low-Code oder Pro-Code Konzept nutzbar.
Citizen Development für alle? Auch hier gilt: Kein heiliger Gral
Citizen Development wurde eingeführt, um Unternehmen selbst in die Lage zu versetzen, digitale Kompetenzen aufzubauen und IT-Lösungen oder zumindest Bausteine direkt aus einer Businesssicht heraus zu entwickeln. Der Grundgedanke ist charmant und passt zur Anforderung, schneller und flexibler agieren zu können. Und – nicht unwichtig: In Zeiten knapper IT-Fachkräfte und teurer, großer Programmpakete lässt sich hier langfristig auch Zeit und Geld sparen.
Meine Erfahrungen mit Citizen Development Projekten im Mittelstand: Sie können zu sehr produktiven Hilfsmitteln werden und die Abhängigkeit von großen Software-Dickschiffen wie von Excel-Insellösungen reduzieren.
Die verbundenen Chancen, digitale Methodenkompetenzen im Team zu verankern, sind groß. Aber der Aufwand ist nicht ohne und es braucht ein strukturiertes Projektmanagement, um Anforderungen, die geeignete Lösung und eine ressourcenschonende Umsetzung zu gewährleisten.
Achten Sie bei Ihren Citizen Development-Überlegungen auf diese 3 Dinge:
- Initial ist auch Citizen Development mit Aufwand verbunden: Es dauert und braucht Ressourcen, bis Sie Mitarbeitende als "Creators" befähigen, so dass werthaltige, effizienzsteigernde Lösungen entstehen.
- Manchmal wird der Begriff „Citizen Development“ falsch als „Schatten-IT“ verstanden. Darum geht es natürlich nicht. Ohn aktive Einbindung drohen Kompetenzgerangel oder unklare Verantwortungen.
- Auch die Anbieter von Citizen Development Software / Plattformen wollen Geld verdienen. Schauen Sie sich genau an, welche Bezahl- bzw. Linzezmodelle Ihr Partner bietet, ob Sie alle Lizenzen wirklich aktiv nutzen und dass Sie nicht teure Add-Ons / Schulungen etc. kaufen, nach denen Sie nicht gefragt haben.
Geht es auch ohne Agilität? Im VUCA Zeitalter wird´s schwierig
Können wir nicht einfach so weitermachen wie bisher? Ist all der Aufwand, um das eigene Unternehmen in die Agilität zu führen, die Anstrengung wirklich wert?
Wenn Sie ein superstabiles, profitables Geschäftsmodell ohne Wettbewerb, Veränderungen oder Fachkräftemangel haben und sicher sind, dass das auch die nächsten Jahrzehnt so bleibt, können Sie sich zurücklehnen – nicht nur in Bezug auf Agilität, sondern überhaupt.
Das dürfte allerdings nur für die wenigsten von uns gelten, denn wir leben in bewegten Zeiten. Die Wirtschaftswelt in fast allen Branchen immer dynamischer, komplexer und damit ungewisser. Der Konkurrenz- und Innovationsdruck steigt. VUCA lässt grüßen – und Resilienz wird so immer wichtiger.
Eine Agilität unterstützende Kultur stärkt Ihr Employer Branding
Über die Aspekte von Strategie, Innovation, Projekteffizienz und Methodenkompetenz hinaus sind agile Arbeitsweisen bzw. vor allem die damit verbundene Haltung und Kultur als Elemente Ihrer Unternehmens-DNA wichtige Faktoren, damit Menschen gern zu Ihnen kommen und auch bleiben. Und zwar vor allem diejeinigen, die nicht nur einen Job suchen, sondern sich eigenverantwortlich und engagiert einbringen wollen. Gerade der Mittelstand hat hier oft noch ein eher verstaubtes Image – was heißt: Hier können Sie einen echten Unterschied machen. Aber wie immer gilt: Versprechen Sie nur das, was Sie auch halten.
Woran agile Arbeitsweisen und Transformationen scheitern können
Wie eingangs erwähnt: Agilität als Haltung fängt mit dem Mindset an, das in einer Organisation verankert ist. Und verankert heisst nicht: Powerpoint.
Was ich oft beobachte: Die Ebene "Haltung/Kultur" wird gern überprungen. Nicht aus Absicht, sondern weil man meint mit dem Kanbanboard oder der Scrum-Kurzschulung hätte man schon entscheidende Elemente.
Und am Ende heisst es dann "Mit so einem Board kann ich nicht arbeiten, das Tool XYZ taugt nicht für uns." Zwischen den Zeilen steht aber: "Warum machen wir das eigentlich, was habe ich davon?"
Es lohnt sich also, ggf. mit einem Teamcoaching erst einmal die Basis für ein gutes Miteinander zu schaffen. Wenn dieses Fundament nicht stabil ist, steigt das Risiko des Nicht-Gelingens. So hat der "State of Agile" Report 2022 die Gründe analysiert, woran agile Transformationen scheitern:
Woran agile Transformationen scheitern:
Der Hauptgrund für das Scheitern: Fehlende Unterstützung:
Agile Arbeitsmethoden / agile Projekte: Vorteile und Nachteile
Pro:
ConTra
Diese 15 Faktoren sind wichtig, damit agiles Arbeiten gelingen kann
- Schaffen und verfolgen Sie eine gemeinsame Ausrichtung und vertrauensbasierte Kultur als zentralen Orientierungspunkt, Anker und Grundlage für agiles Arbeiten.
- Verstehen Sie Ihre Organisation als lernendes System: Regelmäßiges Feedback für kontinuierliche Anpassungen, Weiterentwicklungen und Verbesserungen nutzen.
- Seien Sie konsequent kundenzentriert: Kundenbedürfnisse analysieren, regelmäßig Kundenfeedback einholen, Kundenwünsche bestmöglich berücksichtigen.
- Fördern Sie interdisziplinäres Arbeiten und etablieren Sie aufgabenbezogen crossfunktionale Teams, in denen sich Kompetenzen und Erfahrungen sinnvoll ergänzen.
- Stellen Sie agile Teams so zusammen, dass Sie ein Thema (Prozess, Kundenforderung, Produkt) möglichst komplett (Ende-zu-Ende) behandeln. Das vermeidet Übertragungsverluste.
- Fördern Sie das iterativ-inkrementelle Vorgehen: In überschaubaren Intervallen der gewünschten Zielsetzung nähern und so schrittweise die Sicherheit erhöhen.
- Fördern Sie das Pull-Prinzip: Akteure sollen ihre nächsten Aufgaben möglichst eigenverantwortlich und selbstorganisiert vorantreiben. Das Gegenteil: Viele Detailvorgaben, Mikromanagement.
- Versuchen Sie nicht, von 0 auf 100 zu gehen: Starten Sie agile Pilotprojekte, nutzen Sie am Anfang eine erfahrene Begleitung, feiern Sie die ersten Erfolge.
- Halten Sie bei modularen Projekten die Abhängigkeiten der Module voneinander so gering wie möglich, so dass Verzögerungen und Quereffekte möglichst zu keinen Kaskaden führen.
- Dynamische Rollen mit abgegrenzten Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichen ermöglichen es den Rolleninhabern besser, eigenständig und -verantwortlich Prioritäten zu setzen.
- Planen und halten Sie Projektbudgets und sonstige Ressourcen – innerhalb eines klaren Rahmens – flexibel, damit Sie basierend auf den neuesten Erkenntnissen zeitnah (re-)agieren.
- Stellen Sie sicher, dass die Rolleninhaber und agilen Teams über alle notwendigen Informationen verfügen, um ihre Projekte zielführend und gut zu erledigen.
- Bei aller agilen Flexibilität: Schaffen Sie Klarheit in Bezug auf Erfolgs- und Akzeptanzkriterien, Verantwortlichkeiten sowie Kennzahlen und Zielgrößen.
- Legen Sie fest, wie Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse ablaufen, um unnötige und ausufernde Diskussionen zu vermeiden und effizient voran zu kommen.
- Schaffen Sie Räume und Plattformen, um mögliche Unklarheiten, Spannungen und Konflikte früh zu erkennen und zu klären. Nutzen Sie ggf. eine neutrale Moderation.
Auch bei Agilität gewinnt das Prinzip "Gesunder Menschenverstand"
Wie bei vielen neuen Methoden, gab es zumindest vor einigen Jahren noch klare gegensätzliche Lager:
"Team Agil extrem" wollte alles und jedes Mikrothema und jede Aufgabe mit einem großen agilen Überbau versehen. Man schickte das halbe Unternehmen auf teure "Certified Scrum Master" Seminare, ohne sich zu überlegen, was man eigentlich wirklich will und braucht.
"Team klassisch extrem" sah "Agilität" als die nächste Sau, die von selbsternannten New-Work-Gurus durchs Dorf getrieben wurde. Der Wunsch nach agilen Methoden wurde kurz und bündig als "Kapitulation des Projektleiters" abgetan. Es ging ja auch bisher ohne.
Am besten fährt, wer ohne Scheuklappen beides kann und nutzt
Oft werden die Unterschiede zwischen klassischen und agilen Methoden betont. Meine Erfahrung ist: Es gibt auch viele Gemeinsamkeiten und am Ende wollen fast alle das Gleiche: Erfolgreiche Projekte, gut erledigte Aufgabe, motivierte Teams und zufriedene Kunden.
In Bezug auf die Kultur und Haltung kenne ich Unternehmen, die aus guten Gründen überwiegend mit "klassischen" Methoden arbeiten - und unabhängig davon eine sehr fortschrittliche, auf Wertschätzung, Vertrauen und Eigenverantwortung basierende Kultur pflegen. Aber auch solche, die komplett agil bestens unterwegs sind. Weil einfach nicht alles für alle gleich gut passt.
Flexible, am Bedarf orientierte Entscheidungen und/oder hybride Mischformen in der Methodik führen oft zu den besten Ergebnissen.
Eine klare Haltung, gesunder Menschenverstand, ein gut geführter Change-Prozess, kollegiale Kooperation und motivierte Teams sind entscheidender als die Frage: "Methode X, Y oder Y"?"
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